Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 27. Juli 2000 – 12 W 28/00 –, juris

Orientierungssatz

1. Die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid ist nicht ohne weiteres deshalb sittenwidrig (und deshalb Prozeßkostenhilfe für eine auf BGB § 826 gestützte Klage auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung zu bewilligen), weil der Schuldner behauptet, der in Rede stehenden Forderung liege ein sittenwidriges Rechtsgeschäft, nämlich seine „gesamtschuldnerische Mitverpflichtung“ als finanziell krass überforderter Ehegatten zu einem (zwischenzeitlich gekündigten) Leasingvertrag zugrunde.

2. Liegt tatsächlich ein Schuldbeitritt vor, haftet derjenige, der im Rahmen seiner Vertragsfreiheit bewußt entsprechende risikoreiche Verpflichtungen übernimmt, regelmäßig im Umfang der Vereinbarung und kann nicht Entlastung wegen eines Sittenverstoßes verlangen. Dies gilt grundsätzlich auch für den Ehegatten, es sei denn, er hätte sich dazu verleiten lassen, gegen sein eigenes Interesse Verpflichtungen zu übernehmen, die ihn finanziell eindeutig überfordern (Anschluß BGH, 26. April 1994, XI ZR 184/93, NJW 1994, 1726).

3. Kann weder davon ausgegangen werden,

a) daß der Schuldner im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wirtschaftlich nicht in der Lage war, die übernommene Verbindlichkeit zu erfüllen, noch

b) daß der Gläubiger die wirtschaftliche Unerfahrenheit des Schuldners bewußt ausgenutzt hätte, oder sich

c) der Schuldner in einer seelischen Zwangslage befunden hätte oder auf andere Weise in seiner Entscheidungsfreiheit wesentlich beeinträchtigt wurde,

erscheint die Zwangsvollstreckung nicht sittenwidrig (Anschluß BGH, 5. Januar 1995, IX ZR 85/94, NJW 1995, 592).

4. Entsprechendes gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Ehegatten zwischenzeitlich geschieden sind. Dieser Umstand kann zwar unter Umständen zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen, wenn der Fortbestand des Vertrages wegen der veränderten Situation zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt. Dieser Aspekt kommt aber jedenfalls dann nicht zum Tragen, wenn der Schuldnerehegatte nicht vermögenslos ist.

5. Ebensowenig kann der Schuldner vorliegend seinen Anspruch aus BGB § 826 mit Erfolg darauf stützen, daß der Schuldbeitritt unter Heranziehung der Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes unwirksam war. Die Umstände, daß der als Verbraucherkredit zu qualifizierende Finanzierungsleasingkreditvertrag wegen Nichteinhaltung der Form des VerbrKrG § 4 unwirksam ist, es an einer Widerrufsbelehrung iSd VerbrKrG § 7 Abs 2 S 2 sowie an einer qualifizierten Mahnung iSd VerbrKrG § 12 Abs 1 Nr 2 fehlt, stehen dem nicht entgegen. Denn diese würden nur dazu führen, daß die Restschuld aus dem (gekündigten) Leasingvertrag noch nicht fällig wäre. Eine wirksame Vertragskündigung könnte aber nachgeholt werden, so daß die Geltendmachung der Forderung nur zeitlich verzögert wäre. Die Berechtigung zur Geltendmachung der Forderung wird dadurch letztlich nicht berührt.