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Geschädigte Anleger erhalten oft unaufgefordert Post von Anwaltskanzleien, solcher Kanzleien, deren Geschäftsmodell darauf beruht, massenhaft Geschädigte ausfindig zu machen und dann gezielt mit kaum verhohlenen Werbeanschreiben zu einer Mandatserteilung im Einzelfall zu bewegen. In diesen Schreiben wird auf drohende Verjährung irgendwelcher Ansprüche hingewiesen, die herausragende Sachverhaltskenntnis in der konkreten Konstellation, das Erstreiten sog. Musterurteile, die Vertretung einer Interessengemeinschaft oder anderes mehr. „Beliebt“ ist auch die Eigenbezeichnung als „Vertrauensanwalt“ für irgendeine Anlegerschutzvereinigung. Teilweise wird auch damit geworben, dass eine kostenlose Ersteinschätzung erfolge oder eine Erstberatung nur 50€ oder 100€ koste.
Was ist von den“Angeboten“ dieser Anlegeranwälte zu halten?
Zunächst einmal stellt sich natürlich die Frage, auf welche Weise diese selbst ernannten Anlegeranwälte an das Adressmaterial gelangt sind. Woher wissen die eigentlich, dass man diese oder jene konkrete Anlage gezeichnet hat? Etliche Berufskollegen und anwaltliche Standesorganisationen vertreten hierbei die Auffassung, dass das unaufgeforderte Anschreiben von Anlegern mit den für Rechtsanwälte geltenden berufsrechtlichen Regelungen sowie dem Wettbewerbsrecht nicht zu vereinbaren ist. Auch datenschutzrechtliche Bedenken werden geäußert. In zahlreichen Fällen ist diese Auffassung auch gerechtfertigt. Bereits im Jahre 2010 warnt ein sehr interessanter Artikel unter der Überschrift „Achtung, Anwalt!“ in ZEIT online eindringlich vor diesen dubiosen Machenschaften der Anlegeranwälte. Dort wird auch Aufklärung bezüglich der Eingangsfragestellung gegeben:
„Bei geschlossenen Fonds reicht es, im Handelsregister die Namen der Gesellschafter nachzuschlagen. Es sei gängige Praxis, erzählen Anwälte, massenhaft das Register zu durchforsten und mit Telefonbuch-CDs die Adressen zu vervollständigen. Ein anderer Weg: Ermittelt die Staatsanwaltschaft, kann ein Anwalt Akteneinsicht verlangen, sobald er einen Geschädigten vertritt – die Liste aller Anleger ist dann inklusive. Teils bekämen Kanzleien auch Adressen frei Haus angeboten, berichten andere – von Wirtschaftsdetektiven, die mit Anlegerlisten von Kanzlei zu Kanzlei tingelten und sie verhökerten.“
Haben sich die geschädigten Anleger dann tatsächlich überzeugen lassen, sich von dieser anwaltlichen Erfolgsmaschinerie vertreten zu lassen, denn der Erfolg ist ja gemäß Eigenwerbung nahezu garantiert, kommen dann Fragebögen hinsichtlich der benötigten Individualdaten des Anlegers, die in vorgefertigte Musteranschreiben an die Gegenseite automatisiert eingefügt und versandt werden. Und schon klingelt die Kasse, „Tätigkeit mit Außenwirkung“ ist das Zauberwort, um die sog. Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG auszulösen, die sich nach dem Gegenstandswert richtet und eine ziemliche Bandbreite (Rahmengebühr) beinhaltet. „Natürlich“ sind Angelegenheiten aus dem Bank- und Kapitalmarktrecht stets besonders schwierig und umfangreich, sodass häufig der Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5 nach oben ausgeschöpft wird. Bei einem Anlagewert von 50.000 € sind dann einschließlich Auslagen und Mehrwertsteuer knapp 3.500 € fällig. Bravo! Das Ganze multipliziert mit der Anzahl der so geworbenen Anleger … nochmals „Bravo“! In den USA werden Anwälte, die auf diese Weise Mandate akquirieren, nicht ohne Grund „Regenmacher“ genannt.
Manchmal kann man sich folglich des Eindruckes nicht erwehren, als seien die Geschädigten mit der Wahl der nach eigener Einschätzung und offensiver Eigenwerbung spezialisierten Anlegeranwälte vom „Regen in die Traufe geraten“. Hier hat sich eine regelrechte Beratungsindustrie entwickelt, die nichts anderes im Sinn hat, als gleichermaßen das Geld der Anleger. Der Anwalt gewinnt immer, denn er bekommt sein Honorar, gleich ob er den Prozess für den Anleger obsiegend gestaltet oder nicht. Die anschließenden Klagen zeichnen sich oftmals durch die gleiche „Qualität“ aus. Da wird mühsam ein Sachverhalt zusammengestoppelt und erst einmal pauschal alles und nichts (Substanzielles) behauptet, nur um unter lediglich teilweiser Anrechnung der vorgerichtlichen Gebühren sogleich die nächste Stufe des massenhaften Klingelns der Kassen zu erreichen. Oft wird dann mit durchaus zweifelhaften Methoden und Argumenten gleich die nächste Instanz bemüht und das Honoraraufkommen insgesamt flugs mehr als verdoppelt. Auch diesbezüglich verweisen wir wiederum auf den oben verlinkten Artikel in ZEIT online, in dem es auszugsweise heißt:
„In vielen Fällen werden Prozesse von den Anwälten schlecht oder in Massenabfertigung geführt und gehen deshalb verloren. Hinzu komme, dass die Richter angesichts der Klageflut genervt sind, moniert Gerhart Baum, Rechtsanwalt und ehemaliger Bundesinnenminister. Er ist überzeugt, dass »schlampig zusammengeschriebene Massenklagen oft zu Niederlagen führen und so zur Festigung einer anlegerfeindlichen Rechtsprechung in Deutschland beitragen«. Mitunter bekommen die Geschädigten zwar recht, aber kein Geld, weil die Anwälte gegen Pleitefonds und deren Manager klagen, bei denen längst nichts mehr zu holen ist.“
Und damit sind wir beim dritten Thema: Gegen wen wird eigentlich gerichtlich vorgegangen?
Es macht in der Tat wenig Sinn, gutes Geld schlechtem Geld hinterherzuwerfen, wenn man Klage gegen Pleitefonds und deren Manager erhebt. Und wenn der konkrete Vermittler der Anlage oder dessen Arbeitgeber nicht über ausreichende Bonität verfügt, um den ggf. ausgeurteilten Schadenersatz späterhin auch bezahlen zu können, gilt sinngemäß das Gleiche. Lediglich dann, wenn Banken, Versicherungen, Bausparkassen oder größere Vermittlungsunternehmen mit in das „Haftungsboot“ genommen werden (können), lohnt sich in aller Regel überhaupt ein Rechtsstreit, denn dann hat man zumindest die Gewähr, ein positives Urteil auch in klingende Münze umsetzen zu können. Ganz am Anfang eines in Schieflage geratenen Fonds oder einer anderen Kapitalanlage kann es daneben auch das eine oder andere Mal sinnvoll sein, direkt gegen die Initiatoren vorzugehen, dies dann allerdings unter dem Gesichtspunkt des „Gläubigerwettlaufes“. Wer dabei spät startet, kann nie gewinnen! Hat man als Anleger hingegen das „Glück“, sich tatsächlich noch in der Anfangsphase einer Schieflage zu befinden, bietet sich zur Abkürzung des Wettlaufes oft auch der Abschluss eines außergerichtlichen Vergleiches an. Wir haben damit ausgesprochen gute Erfahrungen gemacht. Gibt es also bezüglich einer konkreten Kapitalanlage bereits eine breite und von vielen Betroffenen und durch Anlegeranwälte geführte „Diskussion“ im Internet, hat der Wettlauf längst schon begonnen, die ersten werden sogar bereits am Ziel angekommen sein.
Entscheidend für eine erfolgreiche Durchsetzung eines Anspruches ist stets die Frage, ob die für die Anlageentscheidung ausschlaggebende Beratung anlegergerecht war. Es kommt also ausschließlich auf die individuellen Verhältnisse des Betroffenen an. Angebliche Musterurteile sind nämlich nahezu immer keine solchen, sondern vielmehr auch Einzelfallentscheidungen der Gerichte, die sich an den individuellen Verhältnissen des dortigen Klägers ausgerichtet haben. Maßgeblich sind stets
- die Anlageziele des Betroffenen
- die Risikobereitschaft des Betroffenen
- die Risikotragfähigkeit des Betroffenen
Wurde der Betroffene ferner über die für Ihre Anlageentscheidung bedeutsamen Umstände im Zusammenhang mit der Funktionsweise und den Risiken der Anlage in der Beratung und in den verwendeten schriftlichen Informationen (z.B. Prospekte) richtig und vollständig informiert und damit anlagegerecht beraten? Was ist mit den sog. Kick-back-Zahlungen? Das sind die wesentlichen Fragestellungen, die bei einer individuellen und ordnungsgemäßen anwaltlichen Beratung aufzuklären sind. Dies kann nur in einem persönlichen Gespräch geschehen, Sachverhaltsermittlung via Fragebogen – in unserer Kanzlei nicht!
Eine seriöse Prüfung der Prozessaussichten und eine klare Darstellung auch der Kostenrisiken ist die Grundlage jeder anwaltlichen Beratung. Wir kommen nach individueller Prüfung in einem weit überwiegenden Teil der Fälle zu der Schlussfolgerung, dass die Erfolgsaussichten (entweder im tatsächlichen Bereich oder auf der zu antizipierenden Vollstreckungsebene) im niedrig einstelligen Prozentbereich liegen, sofern nicht außergewöhnliche Umstände (wie bei dem Badenia-Modell) vorliegen. In keinem dieser nahezu aussichtslosen Fälle hat sich der Mandant sodann entschlossen, diese exorbitanten Kostenrisiken zusätzlich einzugehen. Und in den anderen Fällen? Werbung mit Erfolgsquoten ist bedauerlicherweise verboten.