BGH, Pressemitteilung vom 14.09.2016
Die klagenden Darlehensnehmer verlangen von der beklagten Bank Rückzahlung eines sog. „einmaligen laufzeitunabhängigen Individualbeitrags“ in Höhe von 1.866,08 €, den die Beklagte bei Abschluss eines sog. „Individual-Kreditvertrags“ über einen Nettokreditbetrag in Höhe von 62.699,99 € erhoben hat.
Die Kläger sind der Ansicht, ihnen stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung des Individualbeitrags zu, da die Bestimmung über den Individualbeitrag in dem Darlehensvertrag eine kontrollfähige Allgemeine Geschäftsbedingung darstelle und als solche gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB* verstieße. Zur Begründung führen sie unter anderem an, die Klausel benachteilige sie unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB, weil es sich bei dem Individualbeitrag um eine Bearbeitungsgebühr handele, der keine für sie vorteilhaften Leistungen gegenüberstünden.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht der Klage stattgegeben.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Bestimmung über den Individualbeitrag sei wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Bei ihr handele es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die von der Beklagten vielfach verwendet werde. Die Beklagte errechne die Höhe des Individualbeitrags regelmäßig anhand der Daten des individuellen Darlehensvertrages nach bestimmten Vorgaben und beziehe den Individualbeitrag sodann in den Darlehensvertrag ein, so dass die Klausel vorformuliert sei. Die Beklagte habe die Klausel nach der gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB** bestehenden Vermutung auch gestellt.
Die Bestimmung über den Individualbeitrag sei nicht transparent, weil nicht hinreichend klar sei, wofür die Kläger den Individualbeitrag konkret zu zahlen hätten. Der Begriff des Individualbeitrags werde nicht definiert; eine ausdrückliche Verknüpfung mit im Darlehensvertrag genannten „zusätzlichen Leistungen des Individual-Kredits“ werde nicht hergestellt. Für einen durchschnittlichen Kunden sei ein Zusammenhang nicht erkennbar. Die Kläger könnten auch nicht abschließend vergleichen, ob für sie der von der Beklagten alternativ angebotene „Basis-Kredit“ oder der hier gegenständliche „Individual-Kredit“ günstiger sei.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Vorinstanzen:
Amtsgericht Mönchengladbach – Urteil vom 24. Februar 2015 – 36 C 536/14
Landgericht Mönchengladbach – Urteil vom 9. September 2015 – 2 S 29/15
Karlsruhe, den 14. September 2016
* § 307 BGB Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
- wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
** § 310 BGB Anwendungsbereich
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(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:
- Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
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