Nachfolgend ein Beitrag vom 27.09.2016 von Hippeli, jurisPR-HaGesR 9/2016 Anm. 6

Leitsatz

Der Prospekt eines geschlossenen Immobilienfonds informiert den Anlageinteressenten zutreffend über den Anteil der Kosten, die nicht in das Fondsgrundstück fließen (sog. Weichkosten), wenn der Interessent den im Prospekt angegebenen Anteil dieser Kosten an den Gesamtkosten mittels eines einfachen Rechenschritts in den Anteil an der Anlagesumme umrechnen kann.

A. Problemstellung

Vorliegend ging es um die Frage, ob es einen zur Prospekthaftung im weiteren Sinne führenden Aufklärungsmangel darstellt, wenn ein Fondsprospekt lediglich solche Einzelangaben zu Betragswerten und Prozentzahlen aufweist, auf Grundlage derer ein Anleger die auf seine Fondsanteile entfallenden sog. Weichkosten gleichwohl relativ einfach errechnen kann.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Kläger beteiligte sich im Jahr 2000 an einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer KG. Nunmehr begehrte er Schadensersatz von den Gründungskomplementären und der Gründungskommanditistin gestützt auf Prospekthaftung im weiteren Sinne. Dieses Begehr leitete er aus angeblichen Aufklärungsmängeln im Zusammenhang mit dem einschlägigen Prospekt ab.
Im Prospekt wurden einerseits die Investitionen als Betragswert und prozentualer Anteil an der Gesamtinvestition aufgeführt. Andererseits wurden auch die von den Anlegern erbrachten Kapitalia und die Fremdfinanzierungsmittel jeweils als Betragswert und prozentualer Anteil an der Gesamtinvestition ausgewiesen.
Das Landgericht wies die Prospekthaftungsklage ab. Das Oberlandesgericht gab der Klage in seiner Berufungsentscheidung jedoch weitestgehend statt. Der BGH hob nun die OLG-Entscheidung wieder auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurück.
Jedem Anleger sei im Hinblick auf seine Beitrittsentscheidung zu einem Fonds ein richtiges Bild über das Beteiligungsobjekt zu vermitteln: Dazu gehörten eine Aufklärung über alle Umstände, die für die Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können. Nicht von wesentlicher Bedeutung und damit nicht zwingend von einer gebotenen Aufklärung erfasst sei jedoch – entgegen der Annahme des Oberlandesgerichts – die (vorliegend fehlende) Wiedergabe der maßgeblichen Prozentzahl zu den sog. Weichkosten im Prospekt.
Grundsätzlich sei ein Prospekt zwar auch dann fehlerhaft, wenn sich die sog. Weichkosten nicht ohne weiteres entnehmen lassen. Ohne weiteres bedeute insoweit aber nur, dass der Anleger nicht erst verschiedene Prospektangaben abgleichen und anschließend mehrere Rechenvorgänge vornehmen muss. Jedoch genüge es, wenn der Anleger wie vorliegend den Anteil der sog. Weichkosten am Anlagebetrag des Fonds durch einen einfachen Rechenschritt feststellen kann. Auf mögliche Missverständnisse eines Anlegers im Zusammenhang mit den einschlägigen Angaben komme es in Anbetracht des heranzuziehenden Anlegerhorizonts nicht an. Vom Anleger sei eine sorgfältige und eingehende Lektüre gerade auch solcher Prospektangaben zu erwarten, aufgrund derer sich die Basis für den entsprechenden Rechenschritt gewinnen lässt.

C. Kontext der Entscheidung

Im Rahmen der Prospekthaftung im weiteren Sinne liegt ein Prospektmangel immer auch dann vor, wenn über die Eigenschaften und Risiken des Anlageprodukts nicht zutreffend und vollständig aufgeklärt worden ist. Maßstab ist dabei stets, dass für die jeweilige Anlageentscheidung des Anlegers eine wesentliche Bedeutung besteht oder bestehen kann. Die dem Anleger erteilten Informationen müssen jedenfalls richtig und vollständig sein sowie verständlich und rechtzeitig erteilt werden.
Zum Verständlichkeitserfordernis zählt jedenfalls das Gebot der Kostentransparenz. Gegen dieses Gebot wird im Zusammenhang mit sog. Weichkosten insbesondere dann verstoßen, wenn sich dieser Kostenanteil erst für Fachleute aus dem insgesamt komplexen Zahlenwerk erschließen lässt, der Anleger also „dem Prospekt nicht ohne weiteres entnehmen kann, in welchem Umfang die von ihm eingezahlten Einlagemittel nicht in das Anlageobjekt fließen, sondern für Aufwendungen außerhalb der Anschaffungs- und Herstellungskosten verwendet werden“ (vgl. BGH, Urt. v. 06.02.2006 – II ZR 329/04 – NJW 2006, 2042; OLG Naumburg, Urt. v. 09.02.2010 – 6 U 147/09 – WM 2010, 1165, 1167 f.; Emmerich in: MünchKomm BGB, 6. Aufl. 2012, § 311 Rn. 152). Ratio dessen ist, dass der Anleger nur bei getrennter oder trennbarer Darstellung von verwendeten Mitteln im Zusammenhang mit dem Anlageobjekt einerseits und von verwendeten Mitteln für Management, Vertrieb oder Finanzierung andererseits überprüfen kann, wie wirtschaftlich sinnvoll seine Investition ist (OLG Frankfurt, Urt. v. 27.05.2009 – 23 U 109/08 – IBRRS 2009, 2384; Seibert, Das Recht der Kapitalanlageberatung und -vermittlung, 2014, S. 172).
Jedoch war es schon bislang für ausreichend befunden worden, dass die sog. Weichkosten lediglich betragsmäßig zutreffend im Prospekt ausgewiesen werden müssen, so dass die Anleger über deren Höhe informiert sind (BGH, Urt. v. 12.12.2013 – III ZR 404/12 – NZG 2014, 144). Im Verhältnis zwischen Einzel- und Gesamtkosten sowie Hart- und Weichkosten war es bereits anerkannt, dass es genügt, wenn der Anleger dieses Verhältnis selbst bestimmen kann, also jedenfalls keine Reihe von Rechnungsvorgängen anstellen muss (vgl. BGH, Urt. v. 06.02.2006 – II ZR 329/04 – NJW 2006, 2042, 2043; BGH, Urt. v. 12.12.2013 – III ZR 404/12 – NZG 2014, 144; OLG Frankfurt, Urt. v. 27.05.2009 – 23 U 109/08 – IBRRS 2009, 2384). In diesem Zusammenhang wurde es als hinnehmbar erachtet, dass der Anleger ggf. eine einfache Berechnung vornimmt (BGH, Urt. v. 12.12.2013 – III ZR 404/12 – NZG 2014, 144, 145; BGH, Urt. v. 03.11.2015 – II ZR 270/14 – WM 2016, 72, 74; OLG Frankfurt, Urt. v. 27.05.2009 – 23 U 109/08 – IBRRS 2009, 2384; LG Dortmund, Urt. v. 27.11.2015 – 3 O 518/14; Seibert, Das Recht der Kapitalanlageberatung und -vermittlung, S. 172; nun im Anschluss an die vorliegende Entscheidung auch LG Hamburg, Urt. v. 08.07.2016 – 302 O 274/15).
Die vorliegende Entscheidung fügt sich also stimmig in die bisherige Rechtsprechung der letzten Jahre zur einschlägigen Thematik ein. Zu begrüßen ist, dass der BGH (auch) nunmehr vom Leitbild eines verständigen Anlegers ausgeht, der nicht aufgrund allzu extensiv verstandener Aufklärungspflichten von jeder Denklogik befreit wird.

D. Auswirkungen für die Praxis

Die Auswirkungen für die Praxis sind überschaubar. Denn der BGH vertieft lediglich seine seit 2013 bestehende prospektbezogene Rechtsprechung zu hinnehmbaren einfachen Rechenschritten bei der Ermittlung des Anteils der Weichkosten.