Nachfolgend ein Beitrag vom 16.10.2018 von Schnauder, jurisPR-BKR 10/2018 Anm. 4

Leitsatz

Eine Einwendung gegen die Grundschuld „ergibt“ sich i.S.v. § 1192 Abs. 1a Satz 1 Fall 2 BGB aus dem Sicherungsvertrag nicht allein dadurch, dass der Erwerber die Sicherungsgrundschuld ohne die gesicherte Forderung erwirbt.

A. Problemstellung

Das Grundpfandrechtssystem des BGB sieht als Regelfall die Hypothek vor, deren Existenz und Durchsetzung vom Schicksal der gesicherten Darlehensverbindlichkeit abhängt. Demgegenüber verwendet die Kreditsicherungspraxis schon lange als Sicherungsmittel des Grundkredits die Grundschuld, die als fiduziarisches Sicherungsmittel in ihrem (Fort-)Bestand nicht unmittelbar mit der gesicherten Forderung verknüpft ist. Der Sicherungsnehmer wird hiernach Vollrechtsinhaber, dem der Sicherungsgeber Einreden aus der Sicherungszweckvereinbarung (Sicherungsvertrag) entgegenhalten kann, wenn der Sicherungsnehmer von der überschießenden Rechtsmacht der Sicherungstreuhand zu Unrecht (wegen der Bindung an den Sicherungszweck) Gebrauch macht. Gegenüber Dritterwerbern kann sich der Sicherungsnehmer jedoch nicht ohne weiteres auf die Beschränkung der Grundschuld auf den Sicherungszweck berufen. Es stellt sich die Frage nach dem Schutz des Sicherungsgebers. Das Problem verschärft sich, wenn der Sicherungsnehmer entgegen der treuhänderischen Bindung an den Sicherungszweck Forderung und Grundschuld im Wege der Zession trennt. Um die richtige Lösung dieser Fälle wurde lange Zeit eine Kontroverse geführt, bis der Gesetzgeber schließlich mit dem Risikobegrenzungsgesetz vom 20.08.2008 den § 1192 Abs. 1a BGB einführte. Trotzdem bestehen, wie der vorliegende Besprechungsfall zeigt, in der Rechtsprechung immer noch Unsicherheiten darüber, welche Wirkung der Sicherungszweck auf den Zessionar der Grundschuld entfaltet.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Kläger, Eigentümer eines landwirtschaftlichen Anwesens, bestellte 1991 einem Kreditinstitut eine Buchgrundschuld über 600.000 DM und unterwarf sich in der notariellen Urkunde wegen des Grundschuldkapitals nebst Zinsen der sofortigen Zwangsvollstreckung. Alsbald setzte eine Abtretungskette ein, die über eine Volksbank (1995), eine Sparkasse (1998) zu einer I.-GmbH führte, welche die Forderungen aus den gekündigten Krediten aufkaufte und sich im September 2008 die Grundschuld abtreten ließ. Den Kaufpreis für den Forderungserwerb finanzierte die beklagte Bank, die im Mai 2009 (also unter Geltung des neuen § 1192 Abs. 1a BGB, vgl. Art. 229 § 18 Abs. 2 EGBGB) als Gläubigerin des Grundpfandrechts in das Grundbuch eingetragen wurde.
Die Beklagte betrieb nach der Umschreibung der Vollstreckungsklausel wegen ihres dinglichen Anspruchs aus der Grundschuld die Zwangsversteigerung von Haus und Hof des Klägers. Der Beklagten wurde gemäß Teilungsplan aus der Masse ein Betrag von 322.184,87 Euro zugeteilt. Die Vollstreckungsgegenklage des Klägers, der eine persönliche Forderung über 12 Mio. Euro angemeldet hatte, scheiterte im Berufungsrechtszug (OLG Hamm, Urt. v. 15.01.2015 – I-5 U 81/14).
In dem vorliegenden Verfahren begehrte der Kläger Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung in seinen Grundbesitz, Zahlung von 541.174,87 Euro und Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten bezüglich des weiteren Schadens aus der Zwangsvollstreckung.
Vergeblich wandte sich der Kläger mit der vom OLG Hamm zugelassenen Revision gegen die Abweisung der Klage durch die Vorinstanzen.
Der BGH war an die Revisionszulassung gebunden, obwohl es auf den vom OLG Hamm angeführten Zulassungsgrund (Erforderlichkeit des Eintritts des Zessionars in den Sicherungsvertrag für die Umschreibung der Vollstreckungsklausel nach Inkrafttreten des § 1192 Abs. 1a BGB) entscheidungserheblich nicht ankam, weil das Berufungsgericht jedenfalls einen stillschweigenden Eintritt der Beklagten in den Sicherungsvertrag angenommen hatte.
Der BGH hielt entgegen dem Berufungsgericht die auf Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung gerichtete Klage für unzulässig und die Zahlungsklage unter Austausch der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung für nicht begründet.
Ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 823 Abs. 1 BGB wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in das Grundeigentum scheide schon deshalb aus, weil die Beklagte mit dem Zwangsversteigerungsverfahren die staatliche Rechtspflege in berechtigter Weise in Anspruch genommen habe. Dagegen hätte der Kläger mit den ihm vom Gesetz eingeräumten verfahrensrechtlichen Gegenrechten vorgehen können und müssen. Damit habe es deliktsrechtlich sein Bewenden. Ebenso wenig könne der Kläger nach Bereicherungsrecht Herausgabe des von der Beklagten erlangten Anteils an der Teilungsmasse verlangen. Insoweit habe sich der Kläger zwar darauf berufen, dass die Bank die Grundschuld isoliert, also ohne die gesicherten Darlehensforderungen erworben habe. Mit diesem Einwand sei der Kläger schon entsprechend § 767 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO ausgeschlossen, nachdem er mit seiner Vollstreckungsgegenklage rechtskräftig abgewiesen worden sei. Unabhängig davon hätte der Einwand des Klägers auch keinen Erfolg haben können, da der fehlende Erwerb der gesicherten Forderungen die Beklagte nicht nach § 1192 Abs. 1a BGB an der Geltendmachung des dinglichen Anspruchs aus der Grundschuld gehindert hätte, wovon das Berufungsgericht jedoch im Ansatz fehlerhaft ausgegangen sei.

C. Kontext der Entscheidung

In rechtstatsächlicher Hinsicht bestätigt der vorliegende Fall die richterliche Erfahrung, dass überschuldete Darlehensnehmer nach Kreditkündigung dem vollstreckenden Grundpfandgläubiger häufig eine erbitterte und langwierige Prozessschlacht liefern, wenn die Zwangsversteigerung in den überkommenen Familienbesitz eines landwirtschaftlichen oder Gewerbegrundstücks ansteht. Was die Rechtsprobleme des Falles angeht, hielt das Berufungsurteil der revisionsgerichtlichen Überprüfung nur im Ergebnis stand. Das Berufungsgericht hatte zwar eine Haftung der Beklagten aus unerlaubter Handlung im Zusammenhang mit der Umschreibung der Vollstreckungsklausel ebenso grundsätzlich für möglich gehalten (I.) wie eine Bereicherungshaftung der Beklagten wegen des forderungslosen Erwerbs der Grundschuld durch die Beklagte (II.), die Klage aber schließlich aus anderen Gründen abgewiesen.
I. Der Eintritt des Zessionars in den Sicherungsvertrag
Nach ständiger Praxis der Kreditsicherung bestellt der Darlehensnehmer eine sofort fällige Grundschuld und unterwirft sich dabei in notarieller Urkunde wegen aller Ansprüche am Grundschuldkapital nebst Zinsen und Nebenleistungen (dingliche Zwangsvollstreckungsunterwerfung) und wegen der zugleich im Wege des abstrakten Schuldanerkenntnisses gemäß § 780 BGB erklärten persönlichen Haftungsübernahme hinsichtlich eines entsprechenden Geldbetrages (persönliche Haftung mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung) der sofortigen Zwangsvollstreckung, §§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 800 ZPO. So geschah das auch im Besprechungsfall (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 23.02.2017 – I-5 U 66/16 Rn. 2). Im Streitfall stand jedoch ausschließlich die Zwangsvollstreckung wegen des dinglichen Anspruchs aus der Buchgrundschuld im Streit. Die Beklagte ging als Zessionarin der Sicherungsgrundschuld aus der dinglichen Unterwerfungserklärung (nach Titelumschreibung) gegen den Kläger vor.
1. Vollstreckungsbedingung oder Rechtsbedingung?
In diesem Zusammenhang legte auch die ursprüngliche Rechtsprechung des erkennenden V. Zivilsenats, der seinerzeit dem XI. Zivilsenat des BGH gefolgt war, jedenfalls nahe, dass der Beklagten die Vollstreckungsklausel mangels Nachweises der Rechtsnachfolge gemäß § 727 ZPO nicht hätte erteilt werden dürfen, so dass die Zwangsvollstreckung einen unzulässigen Eingriff in das Eigentumsrecht des Klägers hätte zur Folge haben können. Denn der XI. Zivilsenat des BGH hat in seinem ebenso viel beachteten wie viel kritisierten Urteil vom 30.03.2010 (XI ZR 200/09 Rn. 24, 36, 38 – BGHZ 185, 133 = NJW 2010, 2041) für einen Fall vor Inkrafttreten des § 1192 Abs. 1a BGB entschieden, dass der Zessionar einer Sicherungsgrundschuld aus der Unterwerfungserklärung in der notariellen Urkunde nur vorgehen könne, wenn er in den Sicherungsvertrag eingetreten sei. Dem hat sich der V. Zivilsenat des BGH vorbehaltlos angeschlossen (BGH, Urt. v. 03.12.2010 – V ZR 200/09 Rn. 22 – BKR 2011, 291). Beide Senate gingen davon aus, dass nicht jeder künftige Inhaber der Grundschuld durch Klauselumschreibung nach den §§ 795 Satz 1, 727 Abs. 1 ZPO auch die Titelfunktion der Unterwerfungserklärung in Anspruch nehmen könne. Denn die formularmäßige Unterwerfungserklärung in der notariellen Urkunde sei zugunsten des Sicherungsnehmers dahin auszulegen, dass sich die Vollstreckungsunterwerfung nur auf Ansprüche aus einer treuhänderisch gebundenen Sicherungsgrundschuld beziehe. Die Rechtsnachfolge in die Unterwerfungserklärung hänge somit davon ab, dass der Zessionar den Verpflichtungen aus dem Sicherungsvertrag beigetreten sei, was im Klauselerteilungsverfahren geprüft werden müsse.
Im Streitfall hatte die Beklagte die treuhänderische Bindung des dinglichen Sicherungsrechts – unstreitig – gerade nicht übernommen. Dennoch kam eine Deliktshaftung entgegen dem Berufungsurteil nicht in Betracht. Denn der Eintritt des Neugläubigers in den Sicherungsvertrag ist nach richtiger Auffassung im Klauselerteilungsverfahren nicht zu prüfen und daher auch nicht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen (BGH, Beschl. v. 29.06.2011 – VII ZB 89/10 Rn. 14, 16 – BGHZ 190, 172 = NJW 2011, 2803; dazu H. Roth in: Festschrift Stürner, Band I, 2013, S. 467, 472 ff.). Insoweit liegt lediglich eine Vollstreckungsbedingung und nicht eine Rechtsbedingung für die Rechtsnachfolge in die Unterwerfungserklärung vor (so schließlich auch BGH, Urt. v. 14.06.2013 – V ZR 148/12 Rn. 22, freilich unter nicht offengelegter Aufgabe seiner früheren Rechtsauffassung; vgl. noch BGH, Urt. v. 24.10.2014 – V ZR 45/13 Rn. 28 – NJW 2015, 619).
Der Sicherungsgeber (hier der Kläger) war im Vollstreckungsverfahren indes nicht schutzlos gewesen, denn er hätte der erteilten Vollstreckungsklausel jedenfalls mit der Klauselgegenklage analog § 768 ZPO entgegentreten können. Schon im Hinblick auf diese Rechtsbehelfe des Verfahrensgegners musste eine Haftung der Verfahrensbetreibenden (Beklagten) im Streitfall ausscheiden.
2. Schutzbedürftigkeit des Schuldners
Dass die überaus komplizierte Rechtskonstruktion des Eintritts in den Sicherungsvertrag (dazu BGH, Urt. v. 11.05.2012 – V ZR 237/11 Rn. 7 – NJW 2012, 2354; krit. dazu schon Bork, WM 2010, 2057, 2058 ff.) zum Schutz des Schuldners (Sicherungsgebers) überhaupt erforderlich wurde, geht auf die Weichenstellung des V. Zivilsenats des BGH in dem Urteil vom 21.04.1972 (V ZR 52/70 – BGHZ 59, 1 = NJW 1972, 1463; ebenso dann BGH, Beschl. v. 28.06.1984 – III ZR 106/83 – WM 1984, 1078) zurück, das mit erstaunlich knapper Begründung in Abkehr von der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts (vgl. RG, Urt. v. 24.11.1917 – V 196/17 – RGZ 91, 218, 225 m.w.N.) den Schutz des Sicherungsgebers aus den §§ 1192, 1157 BGB beschnitten hat. Mit der h.M. in der Literatur sah der BGH den Erwerber einer Grundschuld nicht schon dann als unredlich an, wenn er lediglich wusste, dass es sich bei dem erworbenen Grundpfandrecht um eine Sicherungsgrundschuld handelt. Nach diesem Paradigmenwechsel der Rechtsprechung konnte der Sicherungsgeber der Grundschuld nur noch solche Einreden aus dem Sicherungszweck gemäß § 1157 BGB entgegenhalten, die im Erwerbszeitpunkt bereits entstanden und dem Erwerber bekannt waren (BGH, Urt. v. 26.11.1982 – V ZR 145/81 – BGHZ 85, 388 = NJW 1983, 752). Das hat zur Folge, dass der Sicherungszweck in der Regel keine Wirkung mehr gegenüber dem Zessionar entfalten konnte. Andernfalls, so wird argumentiert, wäre die Grundschuld nicht einmal so verkehrsfähig wie eine Verkehrshypothek (Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl. 2009, § 45 III 1 c; zur Kritik der h.M. siehe Wilhelm, Sachenrecht, 5. Aufl. 2016, S. 844 ff.).
In der Folge bestand nur mehr ein rudimentärer Schutz des Sicherungsgebers gegenüber Dritterwerbern der Sicherungsgrundschuld im Rahmen der §§ 1192, 1157, 892 BGB. Denn die Voraussetzungen für einen gutgläubigen einredefreien Erwerb der Grundschuld waren hiernach regelmäßig gegeben, weil der gesamte Einredetatbestand im Zeitpunkt des Grundschulderwerbs bereits verwirklicht und entweder bereits im Grundbuch eingetragen oder dem Erwerber bekannt sein musste (BGH, Urt. v. 24.10.2014 – V ZR 45/13 Rn. 13, 15 m.w.N. – NJW 2015, 619). Erst im Zuge der vermehrten Veräußerungen von Portfolios grundpfandrechtsgesicherter Kredite an Finanzinvestoren erkannte man die im Interesse der Verkehrsfähigkeit der Grundschuld vorgenommene Ausschaltung des Sicherungszwecks in den Zessionsfällen als Problem des Schuldnerschutzes. Der Gesetzgeber sah Regelungsbedarf, um der Gefahr der Geltendmachung der Grundschuld außerhalb des Sicherungszwecks zu begegnen und führte die Schutzvorschrift des § 1192 Abs. 1a BGB mit Wirkung für Erwerbsvorgänge ab dem 19.08.2008 ein. Für die hiervon nicht erfassten Zessionen nahm der XI. Zivilsenat des BGH in der erwähnten Entscheidung vom 30.03.2010 (XI ZR 200/09 Rn. 24, 36, 38 – BGHZ 185, 133 = NJW 2010, 2041) im Wege einer allein aus einer objektiven Interessenabwägung hergeleiteten Auslegung der notariellen Unterwerfungserklärung an, der Zessionar dürfe aus dem titulierten Anspruch nur dann gegen den Sicherungsnehmer vorgehen, wenn er der Verpflichtung des Zedenten aus dem Sicherungsvertrag beigetreten sei.
Mit diesem konstruktiven Trick wird freilich die Verkehrsfähigkeit der Sicherungsgrundschuld, die der V. Zivilsenat des BGH noch wenige Jahre zuvor durch Verwerfung der Rechtsprechung des Reichsgerichts im Einklang mit der h.M. in der Literatur sichern wollte, erneut erheblich beeinträchtigt. Denn der Erwerber einer isolierten Grundschuld kann ohne Beitritt zum Sicherungsvertrag aus dem auf ihn umgeschriebenen (§ 727 ZPO) dinglichen Titel nicht vollstrecken, wenn der Schuldner mit dem vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelf geltend macht, durch den Erwerb der Grundschuld sei der Zessionar nicht zugleich auch Rechtsnachfolger hinsichtlich des titulierten Anspruchs geworden. Bei dem im Klauselerteilungsverfahren auf Initiative des Klauselschuldners zu prüfenden Eintritt des Zessionars in den Sicherungsvertrag kommt es aufgrund der für die Auslegung der Unterwerfungserklärung maßgeblichen objektivierten Interessenlage von Gläubiger und Schuldner auch nicht (wie noch im Rahmen des Verkehrsschutzes gemäß den §§ 1157, 892 BGB) auf die Kenntnis des Zessionars davon an, dass er eine Sicherungsgrundschuld erwirbt. Das prozessual zu verfolgende Vollstreckungshindernis geht daher über den materiell-rechtlichen Schutz der §§ 1192, 1157 BGB hinaus, weil es einen guten Glauben des Zessionars nicht voraussetzt.
II. Die forderungslose Abtretung der Grundschuld
Das OLG Hamm war im angegriffenen Berufungsurteil der Rechtsmeinung, die (beendete) Zwangsvollstreckung könnte auch deswegen unzulässig gewesen und daher nun die Bereicherungsklage als verlängerte Vollstreckungsgegenklage begründet sein, wenn und weil der Zessionar die gesicherten Darlehensforderungen nicht erworben habe (OLG Hamm, Urt. v. 23.02.2017 – I-5 U 66/16 Rn. 91, 117). Das soll im Streitfall bereits aus § 1192 Abs. 1a BGB folgen, da der Erwerb der Grundschuld nach dem Stichtag (19.08.2008) erfolgt sei. Daher könnten Einreden, die dem früheren Eigentümer (hier dem Kläger) aufgrund des Sicherungsvertrags mit dem bisherigen Gläubiger gegen die Grundschuld zustehen oder sich aus dem Sicherungsvertrag ergeben, auch jedem Erwerber der Grundschuld (hier der Beklagten) entgegengesetzt werden (OLG Hamm, Urt. v. 23.02.2017 – I-5 U 66/16 Rn. 92). Dem liegt die Vorstellung zugrunde, jeder Zessionar müsse sich die vertragswidrige Trennung von Forderung und Sicherungsgrundschuld durch den Zedenten entgegenhalten lassen, so dass er an der Geltendmachung des titulierten dinglichen Anspruchs gehindert sei. Der Zessionar soll m.a.W. nur dann aus der Grundschuld gegen den Sicherungsgeber vorgehen können, wenn er zugleich auch Inhaber der gesicherten Forderung geworden sei.
Dieser Rechtssatz ist falsch, wie der V. Zivilsenat des BGH leitsatzmäßig zutreffend feststellt. Er trifft ebenso wenig zu wie die frühere Rechtsansicht des OLG Hamm, allein schon die gemeinsame Übertragung von Forderung und Grundschuld erstrecke die Einreden hinsichtlich des Sicherungszwecks auf den Zessionar (so OLG Hamm, Urt. v. 29.11.1988 – 27 U 100/88 Rn. 15 – WM 1989, 462; vgl. demgegenüber BGH, Beschl. v. 28.06.1984 – III ZR 106/83 Rn. 7 – WM 1984, 1078). Damit wird die Bindung der Grundschuld an den Sicherungszweck verkannt. Aus der Sicherungszweckvereinbarung bei Bestellung der Sicherungsgrundschuld kann der Sicherungsgeber gegenüber dem dinglichen Anspruch nur Einwendungen erheben, die den Bestand und die Fälligkeit der gesicherten Forderung betreffen. Mehr vermag er aus der fiduziarischen Bindung der Grundschuld nach ihrer Übertragung gegenüber dem Erwerber auch unter Geltung des § 1192 Abs. 1a BGB nicht herzuleiten.
Die isolierte Abtretung der Sicherungsgrundschuld vor Eintritt des Sicherungs-(Verwertungs-)Falles stellt zwar eine Vertragsverletzung des Sicherungsnehmers dar, weil die Trennung von Forderung und Grundschuld die Gefahr der Geltendmachung der Grundschuld außerhalb des Sicherungszwecks und insbesondere die Gefahr der doppelten Inanspruchnahme des Schuldners/Sicherungsgebers begründet (horror divergentiae). Der Zedent verstößt damit gegen den Sicherungsvertrag und macht sich schadensersatzpflichtig (§§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB). Aus diesem Haftungstatbestand folgt jedoch keine Einwendung des Schuldners gegen die gesicherte Forderung selbst, die § 1192 Abs. 1a Satz 1 BGB auf das Rechtsverhältnis zum Zessionar erstreckt (Besprechungsurteil Rn. 26). Denn dem Erwerber einer isolierten Grundschuld steht der dingliche Anspruch ohne Rücksicht auf das rechtliche Schicksal der gesicherten Forderung zu. Die Schutzvorschrift des § 1192 Abs. 1a BGB hilft dem Kläger (Sicherungsgeber) im Streitfall daher nicht. Mit der erhobenen Einwendung, dass die Beklagte die Sicherungsgrundschuld ohne die gesicherten Forderungen erworben habe, kann er – unabhängig von der Präklusionsvorschrift des § 767 ZPO – nach materiellem Recht keinen Erfolg haben. Seine Klage war daher insoweit von Anfang an unschlüssig.

D. Auswirkungen für die Praxis

Die vom Berufungsgericht aufgeworfene Zulassungsfrage, ob der Eintritt des Zessionars in den Sicherungsvertrag für einen wirksamen Übergang der Rechte aus der Unterwerfungserklärung des Titelschuldners auch dann notwendig ist, wenn der Erwerbsvorgang der Neuregelung des § 1192 Abs. 1a BGB unterliegt, ließ der BGH im Besprechungsurteil unbeantwortet. Im konkreten Fall kam es nicht entscheidend darauf an, weil das Berufungsgericht eine stillschweigende Eintrittsvereinbarung angenommen hatte (OLG Hamm, Urt. v. 23.02.2017 – I-5 U 66/16 Rn. 74 ff.).
Entgegen der Auffassung des die Revision zulassenden Berufungsgerichts hat der V. Zivilsenat des BGH jedoch diese Rechtsfrage in seinem Urteil vom 11.05.2012 (V ZR 237/11 – NJW 2012, 2354) gerade nicht behandelt und bejaht. Denn die dort zu beurteilende Konstellation betraf ebenfalls einen Rechtserwerb des Grundschuldgläubigers vor dem maßgeblichen Stichtag (19.08.2008). Die Abtretung fand nämlich schon unmittelbar im Zusammenhang mit dem Forderungskaufvertrag vom 30.11.2004 statt (LG Leipzig, Urt. v. 27.01.2011 – 4 O 2477/09), während die Eintrittsvereinbarung erst durch notariell beglaubigte Urkunde vom 23./27.07.2010 erfolgte, um den Anforderungen des BGH im Urteil vom 30.03.2010 (XI ZR 200/09 – BGHZ 185, 133 = NJW 2010, 2041) zu genügen.
Der zutreffenden Annahme, dass bei Zessionsvorgängen nach Inkrafttreten des § 1192 Abs. 1a BGB das bisherige Erfordernis des Eintritts des Zessionars in den Sicherungsvertrag keine Rolle mehr spielt, weil sämtliche Einwendungen aus dem Sicherungsvertrag jedem Erwerber der Grundschuld kraft Gesetzes entgegengesetzt werden können (Bork, WM 2010, 2057, 2061; H. Roth in: Festschrift Stürner, S. 467, 478; a.A. aber Habersack, WM 2018, 1625, 1629), steht mithin ein vom BGH aufgestellter Rechtssatz nicht im Weg. Das Gesetz bindet jeden Dritterwerber an den bei Grundschuldbestellung vereinbarten Sicherungszweck, ohne dass es einer rechtsgeschäftlichen Übernahme der Verpflichtungen aus dem Sicherungsvertrag bedarf. Der Schuldner, der Einwendungen gegen die vom Zessionar geltend gemachte Grundschuld (§§ 1192 Abs. 1, 1157 Satz 1 BGB) erheben will, muss in Neufällen daher mit der Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO vorgehen.

Validität des Sicherungszwecks gegenüber dem Zessionar der Grundschuld
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